Meine Eltern lassen sich scheiden und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.

Meine Mutter hat sich von meinem Vater getrennt. Sie sagt, sie liebt ihn nicht mehr. Bis vor ungefähr einem Jahr hatte ich das Gefühl, dass sie glücklich zusammen sind. Dann hat meine Mutter angefangen, immer mehr auf Distanz zu gehen, nicht nur zu meinem Vater, sondern auch zu uns Kindern. Sie macht gerade ganz viel Entwicklung durch. Sie hat noch mal eine Ausbildung angefangen und geht zur Therapie. Am Wochenende besucht sie oft Freundinnen in anderen Städten. Neulich meinte sie, dass sie jahrelang zurückgesteckt hat und deshalb jetzt einfach mal an sich denken muss.

Das wäre ja auch ok, wenn meine Schwester nicht erst sechs Jahre alt wäre.

Mein Bruder und ich sind beide Anfang zwanzig und wohnen nicht mehr in unserem Heimatort. Bis wir beide in der Schule waren, war unsere Mutter nicht berufstätig und danach auch nur in einem geringen Umfang. Sie hat viel mit uns gemacht. Ich hatte eine wunderschöne Kindheit. Unser Vater hat Vollzeit gearbeitet oder sogar mehr. Ich habe immer gedacht, dass unsere Mutter gerne mit uns zuhause wäre, aber inzwischen wirft sie meinem Vater vor, dass er sie so viel mir uns Kindern allein gelassen hat und sie sich nicht beruflich verwirklichen konnte. Deshalb findet sie, dass er jetzt für unsere Schwester zuständig ist.

Gleichzeitig ist er durch die ganze Situation total fertig. Er weint viel. Er ist super gestresst und schnell gereizt. Ich hatte immer ein engeres Verhältnis zu meiner Mutter, aber aktuell meldet sie sich von sich aus gar nicht mehr bei mir und ist kurz angebunden, wenn ich sie mal erreiche. Dafür ruft mein Vater alle paar Tage an und weint am Telefon. Das ist alles schwer aushaltbar für mich, vor allem weil ich aktuell schwanger und sowieso emotionaler bin. Meine Mutter wohnt noch zuhause, sucht aber gerade nach Wohnungen.

Ungefähr einmal im Monat verbringe ich ein Wochenende mit meiner Schwester. Öfter geht es nicht, weil ich zwei Stunden Zugfahrt habe, studiere und arbeite. Im April kommt mein Baby und dann hab ich wahrscheinlich noch weniger Zeit für sie.

Meine Schwester hat ganz viele Ängste. Sie leidet natürlich am meisten unter der Situation. Sie sagt, unsere Eltern sind beide genervt von ihr. Sie soll immer alleine spielen. Ich würde ihr gerne mehr helfen, aber weiß nicht, wie das gehen soll. Sie ist im Sommer in die erste Klasse gekommen und ich hab das Gefühl, dass sie von dieser Veränderung und den Veränderungen zuhause absolut überfordert ist.

Meine Mutter war immer wie eine Freundin für mich und es tut mir weh, sie zu verlieren. So fühlt es sich nämlich gerade an.

Mein Vater tut mir sehr leid. Gleichzeitig will ich keinen Groll auf meine Mutter empfinden.

Wie soll ich mit der Situation zurecht kommen?